Unter dem Titel „Das Frauendorf Umoja in Kenia – Vorbild und Ansporn für die Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs)“ fand im Rahmen der Bonner Friedenstage im MIGRApolis Haus der Vielfalt ein Vortragsabend statt. VeranstalterInnen waren das Frauennetzwerk für Frieden e.V. in Kooperation mit dem Freundeskreis Umoja-Friends of Umoja e.V.; mit finanzieller Unterstützung durch die Bundesstadt Bonn.
Am Donnerstag, dem 14.09.2017, war Rebecca Lolosoli, Gründerin des ersten Frauendorfes in Kenia, zum zweiten Mal nach 2015 zu Gast bei uns in Bonn. Noch lange Zeit nach diesem Abend sind wir voll von den Eindrücken, die sie mit uns zu ihrem Leben im Frauendorf Umoja geteilt hat. Wie die Frauen aus dem Stamm der Samburu gegen die patriarchalen Traditionen und Strukturen, mit denen sie aufgewachsen sind, ankämpfen – das ist wirklich sehr beeindruckend.
Rebecca schilderte, wie wenig das Leben einer Frau in ihrer Region wert ist, wie selbstverständlich es bisher für viele Menschen war, dass Männer ihre Frauen vergewaltigen, schlagen und sogar töten, ohne dass sie dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Sie erzählte davon, wie es ihr und den anderen Frauen in jahrzehntelangem zähen Ringen gelungen ist, sich ihre Rechte als Frauen und Mädchen zu erkämpfen. Und davon, wie das Frauendorf Umoja so zu einer beispielhaften – und wirtschaftlich erfolgreichen! – Gemeinschaft werden konnte, von der nun die ganze Region profitiert. Denn die Frauen aus Umoja teilen das Wasser aus ihrem modernen Brunnen, das Know-How der Gartenkultur in Pflanz-Säcken, das Bewusstsein des Unrechts der Genitalverstümmelung bei Mädchen sowie die neu gebaute Schule bereitwillig und gerne mit den Menschen aus den umliegenden Dörfern.
Heide Schütz, Vorsitzende Frauennetzwerk für Frieden e.V., mit Rebecca Lolosoli
Der Bonner Verein „action five e.V.“ unterstützt seit 2015 das Frauendorf Umoja tatkräftig mit Spenden. So auch im Frühjahr 2017 durch die Finanzierung des Stromanschlusses für das Dorf und die Schule.
Bei der Veranstaltung in Bonn konnte Ise Stockums, die Vorsitzende des Freundeskreis Umoja, Herrn Martin Pape von action five nun eine genaue Kostenabrechnung als Verwendungsnachweis für die Spendensumme überreichen. Damit gewährleistet der Freundeskreis Umoja eine hohe Transparenz und stellt sicher, dass jeder gespendete Cent auch im Frauendorf ankommt und zweckgebunden verwendet wird.
Am nächsten Tag ging es für Rebecca weiter, sie traf mehr als 100 Bonner Schülerinnen und Schüler. Das Frauennetzwerk für Frieden dankt seiner Mitgliedsorganisation, dem Freundeskreis Umoja e.V., für die Vermittlung dieses Kontakts zu einer einzigartigen Fraueninitiative in Kenia. Und wir danken der Bundesstadt Bonn, die die Veranstaltungen finanziell gefördert hat.
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Eins wollen wir allerdings nicht unerwähnt lassen: Eigentlich sollte Rebecca in den ersten zwei Wochen, die sie in Deutschland verbracht hat, von ihrem Sohn Tom begleitet werden. Er ist ihre rechte Hand in Umoja und so etwas wie ein Geschäftsführer im Dorf sowie Manager der dorfeigenen Schule, außerdem ein wichtiger Projektpartner für die deutschen Frauen vom Freundeskreis Umoja und die zahlreichen Sponsor*innen und Entwicklungsexpert*innen. Wir hatten uns sehr auf die Begegnung mit ihm gefreut. Aber die Deutsche Botschaft in Kenia hatte etwas dagegen – und verweigerte ihm kurz vor der geplanten Abreise das Visum. Die Begründung: Es war ihnen nicht sicher genug, dass er auch tatsächlich vorhatte, wieder nach Kenia zurückzukehren. Mit anderen Worten: Er hätte nach Ansicht der Botschaft auf die Idee kommen können, hier Asyl zu beantragen oder gar illegal unterzutauchen. Dass das in seinem Fall noch nicht mal ansatzweise zutrifft, brauchen wir hier nicht auszuführen. Was für ein unverständliches Verhalten der deutschen Behörden, die Tom den Stempel „Afrikaner, jung, männlich, potentieller Wirtschaftsflüchtling“ aufgedrückt haben, ohne näheres Ansehen der Umstände und der besonderen Rolle, die er in seiner Heimat und auch für seine Projektpartner*innen hier in Deutschland spielt. Wir sind immer noch empört und sehr verärgert über diese Entscheidung!
Der Freundeskreis Umoja wird Tom Lolosoli als den zuständigen Partner für die Umsetzung aller Projekte in Umoja erneut einladen, weil er neben seiner Mutter Rebecca der Hauptansprechpartner für die Entwicklungszusammenarbeit ist. Er steht an der Seite seiner Mutter und unterstützt die Frauengruppe als Geschäftsführer und Manager, da die meisten in Umoja lebenden Frauen weder eine ausreichende Schulbildung noch entsprechende Sprachkenntnisse haben, um dieses komplexe und anspruchsvolle Projektmanagement zu übernehmen. Tom Lolosoli lebt mit seiner Frau im nahegelegenen Archers Post, etwa 3 km von Umoja entfernt.
Text: Elise Kopper, Frauennetzwerk für Frieden, Bonn und Ise Stockums, Freundeskreis Umoja.
Fotos: Heide Schütz
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