Die Umoja-Frauen feiern den Frauentag

Der heutige internationale Frauentag wird auch in Umoja gefeiert. Die Frauen des Frauendorfes haben sich versammelt und sind nach Archer’s Post gezogen, um ihre Rechte einzufordern. Dabei wurden sie auch von Männern begleitet – eine bahnbrechende Veränderung zu den Vorjahren.

Silayos Flucht nach Umoja

Silayo L. ist ein 14-jähriges Mädchen, das am 18. Oktober 2021 aus dem Haus ihrer Familie floh und bei der Umoja Uaso Women Group Zuflucht suchte. Sie stammt aus einer 7-köpfigen Familie und ist das zweitgeborene Kind der Familie, 2 Jungen und 5 Mädchen.

Der Vater ist nicht ihr biologischer Vater, da er die Mutter heiratete, als sie bereits zwei Kinder hatte, einen erstgeborenen Sohn und Silayo. Ihr Vater ist ein Polygamist mit drei Frauen und 17 Kindern. Ihre Familie führt einen typischen traditionellen Samburu-Lebensstil. Der Haupterwerb der Familie ist die Viehzucht, sie besitzen mehrere Kühe, Ziegen und Schafe. Sie wohnen im Dorf Ngutuk Ong’iron, etwa 50 km von der Umoja Uaso Women Group (UUWG) entfernt.

Silayo hat nie eine Schule besucht und ist zu Hause geblieben, um die Geschwister zu hüten, bei der Hausarbeit zu helfen und für die neue Generation von Kriegern, die Lkisieku, zu singen. Sie stammt aus einer armen und analphabetischen Familie, die den Wert von Bildung immer noch nicht erkannt hat. Trotz ihres Mangels an formaler Bildung ist sie mit Weisheit gesegnet und trifft die richtigen Entscheidungen für ihr Leben.

Silayo erklärt, dass sich ihre Mutter seit Jahren von ihrem Vater entfremdet hat und nun getrennt lebt. Der Vater habe die Mutter seit längerer Zeit schlecht behandelt und sie wegen der beiden unehelichen Kinder, die sie in die Ehe mitbrachte, gering geschätzt.

In dieser Situation wurde Silayo zum Opfer von Misshandlungen und Vernachlässigung durch die Person, die sie als Vater bezeichnet. Sie entwickelte ihm gegenüber eine negative Einstellung, weil er ihre Mutter beleidigt und sie im Stich gelassen hat, wodurch ihre Situation noch prekärer wurde.

Silayo hörte zum ersten Mal von der UUWG, nachdem diese am 7. Juni 2021 in Nkutuk Ong’iron einen FGM-Workshop durchgeführt hatte. Sie war selbst nicht anwesend, aber die Sensibilisierungskampagne, die für Frauen und Mädchen ermutigend war, sprach sich in der Gegend herum. Silayo erfuhr, dass die UUWG in ihrem Frauendorf mittellosen Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind und vor den Grausamkeiten fliehen, Zuflucht bietet. Ebenso wurde ihr erzählt, dass die Frauengruppe eine Schule betreibt und gefährdeten Mädchen aus bescheidenen Verhältnissen ein Stipendium anbietet.

Silayo hat noch nie eine Schule besucht und war nach Samburu-Tradition mit 14 Jahren eigentlich schon reif für die Ehe. Ihre Familie konnte sie jedem wohlhabenden Mann anbieten, der daran interessiert war, eine Beziehung mit ihr einzugehen. In der Samburu-Kultur wird ein Mädchen mit einem Mann verheiratet, auch wenn sie keinerlei romantische Gefühle zueinander haben.

Silayo war bereits mental aufgewühlt und hatte keine andere Wahl, als den Plan abzulehnen, wonach sie von den Familienältesten (Vater, Großvater und Onkel) mit Gewalt an den Meistbietenden verheiratet werden würde. Der von den Familienältesten ausgewählte Mann war älter als ihr Vater und für Silayo war es unerträglich, dieses drohende unheilvolle Leben zu akzeptieren.
Seit Mai 2021, als sie zum ersten Mal von der Nachricht über ihre Zwangsverheiratung gehört hatte, quälte sie sich und war fest entschlossen, nach einem möglichen Ausweg zu suchen, auch wenn das bedeutete, ihr Leben zu beenden.

Als sie dann im August 2021 die Nachricht über die UUWG erhielt, plante sie, in das Frauendorf zu fliehen, und sie beschloss, dass diese Entscheidung ihr letzter Ausweg sein würde.

So stürmte sie eines Tages aus ihrem Dorf und gab vor, die Ziegen hüten zu wollen. In sicherer Entfernung machte sie sich auf den gefahrvollen Weg in Richtung Archer’s Post. Gegen 14 Uhr am nächsten Tag erreichte sie die Umoja Muehlbauer Academy, nachdem sie den Weg dorthin mit Hilfe von Anwohnern gefunden hatte. Rebecca Lolosoli wurde informiert und nahm Silayo mit zu sich nach Hause.

Silayo sah sehr müde, dehydriert und hungrig aus und hatte einen ausgemergelten Körper. Rebecca bot ihr Essen und frische Getränke an, damit sie wieder zu Kräften kam.


Der Tag, an dem Silayo in Umoja ankam und von Rebecca unter ihre Fittiche genommen wurde.

Rebecca bat das Mädchen um weitere Informationen über ihren Leidensweg und beschloss, sie bei sich aufzunehmen. Außerdem versprach sie ihr, dass sie in die Schule aufgenommen würde. Rebecca nahm Kontakt zu den anderen Umoja-Frauen auf und sie beschlossen, dass Silayo bei Rebecca bleiben soll, als Rebeccas Kind.

Den detaillierten Bericht über die Flucht dieses außergewöhnlichen Mädchens und wie es nach ihrer Ankunft in Umoja weitergeht, finden Sie hier: Silayos Flucht nach Umoja

Kampf gegen Genitalverstümmelung (FGM)

Wir arbeiten zur Durchführung unserer Projekte sowohl hier in Deutschland als auch in Kenia mit bewährten Partnern zusammen. Hierzu gehören in Kenia unter anderem
Antonia Waskowiak mit Ihrem Verein Zinduka e.V. Zinduka ist Kiswahili und bedeutet Hoffnungsschimmer. Ziel ist es, jungen Frauen und Mädchen in Kenia, die von weiblicher Genitalverstümmelung (FGM), Kinderehen und Jugendschwangerschaften bedroht sind, einen Hoffnungsschimmer zu geben. Mehr unter: https://www.zinduka-ev.com/
Jeremia Kipainoi: Er ist ein preisgekrönter Multimedia-Journalist, der den End FGM-Podcast und die End FGM Live-Show produziert und moderiert. Mehr unter https://www.kipainoi.com/

Gerade wurde eine bemerkenswerte und sehr lesenswerte Reportage von Stephanie Sinclair mit Videos von Jeremia Kipainoi in der New York Times veröffentlicht und steht unter https://www.nytimes.com/2020/12/10/opinion/kenya-covid-child-marriage.html in englischer Sprache zur Verfügung.

Der Bericht schildert eindrucksvoll die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf junge Mädchen in Kenia. Während der monatelangen Schulschließungen lebten sie wieder bei ihren Familien und wurden von diesen mit älteren Männern zwangsverheiratet. Einer alten Tradition folgend, geht der Zwangsheirat die Genitalverstümmelung voraus. Beides ist in Kenia verboten, kommt jedoch häufig nicht zur Anzeige.
Der Samburu Girls Foundation wurden von März bis September 2020 allein 500 neue Fälle im Samburu County bekannt, eine signifikante Steigerung gegenüber vorherigen Zahlen. Die sexuelle Gewalt nahm in diesem Zeitraum um 230% zu.
Die Mädchen wissen häufig nicht um ihre Rechte und an wen sie sich in ihrer Not wenden können. Sie werden nach der Zwangsheirat schnell schwanger und sind nicht mehr in der Lage, weiterhin die Schule zu besuchen.

Die Bekämpfung von Genitalverstümmelung und Zwangsheirat durch Aufklärung war schon immer einer der Schwerpunkte von Rebecca Lolosoli und der Umoja-Frauengruppe. Antonia und Jeremia unterstützen tatkräftig diese Arbeit und haben schon mehrfach gemeinsam Workshops durchgeführt, die sehr eindrücklich und nachhaltig waren. Vor allem werden in diesen Workshops auch Männer einbezogen. Diese Workshops sollen auch in Zukunft weitergeführt werden. Die Finanzierung der Umoja-Workshops übernimmt dabei unser Kooperationspartner, Tatort-Straßen der Welt e.V. aus Köln. Unser Kooperationspartner action five e.V. in Bonn unterstützt ebenfalls die Arbeit von Zinduka e.V.

Der Freundeskreis Umoja hat zur Bekämpfung von FGM und Zwangsheirat des Projekt P+7 ins Leben gerufen.
Hierbei zahlen Klassenpaten für den Schulbesuch eines Kindes, unter der Voraussetzung, dass die Elten vertraglich auf FGM und Zwangsverheiratung des Kindes verzichten. Dieses Projekt zum Schutz der Kinder hat sich nun insbesondere während der Corona-Pandemie bewährt. Die Familien der Projektkinder erhielten Lebensmittel und Hygieneartikel. Dadurch waren sie nicht auf Gelder angewiesen, die sie durch die Zwangsverheiratung ihrer Kinder bekommen hätten. Nach Angaben aus Umoja sind dort und an auch an der Schule – Umoja Muehlbauer Academy – keine derartigen Auswirkungen der Corona-Pandemie aufgetreten.

Wenn Sie sich für eine Patenschaft für den Einschulungsjahrgang 2022 interessieren, nehmen Sie bitte mit uns Kontakt auf.

Strafverfolgung gegen Frühverheiratung

Im Samburu-County wurde ein junges Mädchen im Alter von etwa 10-11 Jahren von seinen Eltern gezwungen, die Schule (5. Klasse) abzubrechen, um sie zu verheiraten. Ein Frevel, denn das bedeutet für das Mädchen in diesem zarten Alter Zwangs- und Frühverheiratung und evtl. sogar auch Genitalverstümmelung.

Sie wurde gerettet, weil eine Person auf das Geschehen aufmerksam wurde und die Polizei informierte. Das Mädchen wurde zusammen mit den Eltern zum lokalen Verwaltungsgebäude gebracht.
Der Vater bestritt die Anschuldigungen, wurde aber dazu verpflichtet, das Kind weiterhin zur Schule zu schicken.
Er muss nun wöchentlich bei der Behörde erscheinen und steht somit unter Kontrolle.
Das Mädchen wurde im Internat der Lorubae Grundschule angemeldet und besucht diese seit dem 3. Februar 2020.

Der Area Chief Mr. Henry Lenaiyasa und der Waso Division Assistant County Commissioner Mr. Bernard Onyango erhielten viel Lob und Anerkennung für die schnelle Reaktion auf den Alarm und das Ergreifen geeigneter strenger Maßnahmen.

Es ist gut zu wissen, dass nun auch die zuständigen Behörden und die Polizei in den abseits gelegenen Regionen des Landes tatsächlich für die Durchsetzung des Kenianischen Rechts sorgen.

Das wird sich in der Samburu-Gesellschaft herumsprechen und anderen Eltern eine Warnung sein.

Zweite Nationale End-FGM Konferenz Kenia

Am 4. und 5. Februar 2019 findet in Narok, Kenia in der Maasai Mara University die zweite nationale End-FGM Konferenz statt. Der Anti FGM Board Kenia veranstaltet in Kooperation mit Partnern diverser Organisationen die Konferenz mit dem Schwerpunkt:

Es ist meine Verantwortung, FGM (Genitalverstümmelung) zu beenden.

Insgesamt 300 Stellvertreter aus regionalen, staatlichen und nicht-staatlichen Institutionen werden sämtliche Themen diskutieren, die zur Beendigung von FGM in Kenia führen sollen. Unter anderem wird diskutiert:
1.Die Rolle von Entscheidungsträgern bei der Beendigung von FGM
2.Die Rolle der strafrechtlichen Verfolgung und des Gerichts bei der Beendigung von FGM in Kenia
3.Die Beteiligung von Jungen und Männern in der Kampagne gegen FGM
4.Partnerschaften und Netzwerke auf Ebene mit der Gesellschaft

Der internationale Tag gegen FGM am 6. Februar 2019 wird in Loita/Kenia gefeiert. Schwerpunkt wird die Ablegung einer Vereinbarung zur Beendigung von FGM durch die Stammesältesten der Maasai aus Kenia und Tansania sein. Der Anti FGM Board lädt alle Interessierten herzlich ein, dieses Event zu besuchen und zu unterstützen.

Kenia gehört zu den Ländern Afrikas, in denen die Rate der Genitalverstümmelungam schnellsten sinkt. Zinduka e.V. aus Lahntal und der Freundeskreis Umoja e.V. aus Grevenbroich unterstützen die Bena Academy und das Rescue Camp in Sentadem Stammesgebiet der Kuria und das Frauendorf Umoja nahe Archers Post im Stammesgebiet der Samburu. So besteht eine enge Kooperation in Kenia zum Erfahrungsaustausch und Nutzung von Synergien.
Delegationen aus Zinduka Kenya und Umoja nehmen an den Veranstaltungen teil.

Autorin:Antonia Sophia Waskowiak, Gründerin von Zinduka e.V. und Mitglied desOrganisationskomiteesdesAnti-FGM Board
Kenia.30.01.2019, Nairobi, Kenia